Wenn ein naher Angehöriger verstirbt, müssen sich die Hinterbliebenen auf ein Leben ohne diesen Menschen einstellen. Der Alltag, den man geteilt hat, wird einsam und schwer. Die Lust, ohne den geliebten Partner Verabredungen zu treffen und Freunde zu sehen, die man zuvor als Paar kannte, tendiert gegen Null, denn nichts ist wie es vorher war. Es gilt, zeitgleich zu trauern, mit dem alten Leben abzuschließen, irgendwie weiter zu leben und sich neu zu orientieren. Jede Kleinigkeit birgt Erinnerungen. Jahres- und Feiertage stellen eine besondere Hürde dar.
Jetzt steht Weihnachten vor der Tür, gleich gefolgt von Silvester. Eine unglaublich belastende Situation: das erste Weihnachten ohne den verstorbenen geliebten Menschen. Vielleicht gibt es Einladungen zu Freunden oder es wird mit der Familie gefeiert. Wie immer diese Tage auch gestaltet werden, ein geliebter Mensch wird schmerzhaft fehlen. Geschenke haben keine Bedeutung mehr, Essen dient nur noch zur Lebenserhaltung, Weihnachtsmusik und Schneeflocken mutieren zur sinnentleerten Dekoration. Die Adventszeit, die für viele trotz anhaltender Kälte und Dunkelheit eine warme und wohlige Vorbereitung auf das Fest der Liebe ist, wird für Trauernde besonders schwer. Gemeinsame Traditionen sind nur noch Erinnerungen. Advent, Weihnachten und Silvester ohne den geliebten Menschen. Wie ist das zu schaffen?
Am 3. Advent ist der Weltgedenktag für alle verstorbenen Kinder. Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 20.000 Kinder und junge Erwachsene. Jedes Jahr am 2. Sonntag im Dezember stellen seit vielen Jahren Betroffene rund um die ganze Welt um 19.00 Uhr brennende Kerzen in die Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so dass eine Lichterwelle 24 Stunden die ganze Welt umringt. Jedes Licht im Fenster steht für das Wissen, dass diese Kinder das Leben erhellt haben und dass sie nie vergessen werden. Das Licht steht auch für die Hoffnung, dass die Trauer das Leben der Angehörigen nicht für immer dunkel bleiben lässt. Das Licht schlägt Brücken von einem betroffenen Menschen zum anderen, von einer Familie zur anderen, von einem Haus zum anderen, von einer Stadt zur anderen, von einem Land zum anderen. Es versichert Betroffene der Solidarität untereinander. Es wärmt ein wenig das kalt gewordenen Leben und wird sich ausbreiten, wie es ein erster Sonnenstrahl am Morgen tut.
Man mag sich gar nicht vorstellen, wie die Angehörigen das erste und all die folgenden Weihnachten ohne das Lachen und den Glanz in den Augen beim Geschenke auspacken ihrer Kinder überstehen sollen. Wilder Aktionismus um den Schmerz zu verdrängen ist sicher nicht das probate Mittel.
Trauergruppen und Trauerbegleitung können helfen und letztendlich dient alles, was hilft, den Schmerz und die Trauer zu durchwandern. Dazu gehört, über den Verstorbenen zu sprechen, alte Geschichten auszutauschen, Fotos heraus zu kramen, einen Platz für den geliebten Menschen bei Tisch mit zu decken, sein Lieblingsessen zu kochen, eine Kerze für ihn anzuzünden und zwischen Weinen und Lachen, schönen Erinnerungen und dem Schmerz über den Verlust hin und her zu wandern. Es geht darum, lebendig zu bleiben, ohne die Trauer zu verdrängen. Der Tod soll aktiv verarbeitet werden, die Trauer beansprucht ihren Raum. Ein Zusammenspiel aus Hingabe und Gestaltung der Trauer entwickelt sich. Verzweiflung und Lebensmut geben sich die Hand, bis man in einen erschöpften Schlaf fällt, der einem eine kleine Erholungspause schenkt. Die Liebe endet nicht mit dem Tod. Ganz besonders nicht an Weihnachten.
Kontakt: Eva Terhorst, info@trauerbegleiter.org, Tel: 030 399 065 58, www.trauerbegleiter.org