Archiv | August 2017

Die 30 Tage „Nicht-Jammern-Challenge“

RIMG0006 (14)In meinem aktuellen Begleitbrief habe ich euch das Drei-Wochen-Achtsamkeits-Seminar von Roland Kopp-Wichmann vorgestellt.  Nun hat Anfang August Kopp-Wichmann die 30 Tage „Nicht-Jammern-Challenge“ auf seinem Blog gestartet. Dort erklärt er genau, was Jammern ist, was es bewirkt und wie diese Challenge funktioniert. Ein paar Tipps und Kniffe verrät er natürlich auch novh. Also ich mache da mit und führe ab sofort eine Strichliste für jede Jammerei, die mir trotz allerbester Vorsätze rausrutscht. Jeden Abend veröffentliche ist das auf diesem Post. Das sieht dann ungefähr gut aus:                         Sonntag, 13. August 2017: IIII IIII II . Mal sehen, ob das dann ein Tag war, an dem es ehr gut oder schlecht gelaufen ist. Ich muss überhaupt erst Mal herausfinden, ob ich wirklich so positiv bin und spreche, wie ich mich selbst einschätze.

Schreibt mir hier unten in der Kommentarfunktion, ob ihr auch mitmacht und wie es euch damit geht. Ick freu mir!

Meinen Begleitbrief könnt ihr hier kostenfrei abonnieren.

Start der neuen Serie: Zwei Trauerbegleiter unterhalten sich Folge 1: Wenn die Sehnsucht zu groß wird

RIMG0002.jpgNeulich stieß ich auf einen Text von Thomas Achenbach, einem Trauerbegleiter aus Osnabrück. Er hatte einen Artikel über den Trauer-Chat auf Trauer.de geschrieben. Mir gefiel sein Schreibstil gleich so gut, dass ich ihm das mitteilen musste. Es ergab sich daraus, doch eine Art Briefwechsel auf unseren Blogs zu beginnen. Thomas´Idee hat bei uns beiden sofort einen Schreib- und Austauschfluss ausgelöst, von dem ihr heute das erste Ergebnis lesen dürft: Es geht uns um das schwierige Thema, dass bei vielen Trauernden irgendwann der Punkt kommt, dass die Sehnsucht so groß wird, dass sie nahe zu alles tun würden, um bei ihrem geliebten Menschen zu sein. Weiter unten oder auch auf Thomas Blog: Trauer ist Leben könnt ihr nachlesen wie wir uns im Dialog über unsere Erfahrungen aus unserer Praxis darüber austauschen. Besucht unbedingt seinen Blog, denn auch dort wird wieder einmal deutlich wie vielseitig das Thema Trauer sein kann. Trauer gehört zum Leben dazu – daher ist sie lebendig. Und weil Trauer lebendig ist, wünschen wir uns, dass ihr die Kommentarfunktion nutzt und in unseren Austausch mit euren eigenen Erfahrungen und Meinungen einsteigt.

Aber erst möchte ich euch Thomas Achenbach kurz vorstellen. Mich kennt ihr ja schon.

Thomas Achenbach-8-1.jpgThomas Achenbach Jahrgang 1975, Trauerblogger und Kulturblogger aus Osnabrück, zertifizierter Trauerbegleiter (große Basisqualifizierung gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und Mitglied im Bundesverband Trauerbegleitung, beschäftigt sich schon lange mit den Themen Trauer, Verlust, Tod, Palliativmedizin und Trauerbegleitung allgemein. Er ist auf die Themen Männertrauer und Trauer im betrieblichen und beruflichen Kontext spezialisiert. Achenbach arbeitet hauptberuflich als Redaktionsleiter eines Anzeigenblattes von NOZ Medien („Osnabrücker Nachrichten“) und nebenberuflich als Gast-Dozent der Hochschule Osnabrück.

Und jetzt geht es weiter mit unserem ersten Dialog:

Wenn die Sehnsucht zu groß wird

Lieber Thomas, heute hatte ich das Thema: Was mache ich, wenn meine Sehnsucht so groß wird, dass ich meinem verstorbenen Partner hinterhergehen möchte? Ich merke, dass das bei fast allen Menschen irgendwann einmal Thema wird, wenn der Partner oder das Kind gestorben ist. Meistens spreche ich das Thema bei meinen Klienten von selbst an und kann feststellen, dass sie dann fast erleichtert sind, wenn sie frei darüber sprechen können, ohne dafür verurteilt zu werden. Es hilft ihnen auch, wenn ich ihnen dann sage, dass das normal ist und zur Trauer dazu gehört. Eine Phase, die wieder vorbei geht. Dann wissen sie, wie sie diesen Wunsch, dem Verstorbenen zu folgen, einordnen sollen und fühlen sich ein wenig entlastet. Wie gehst du auf dieses Thema bei deiner Arbeit ein? Liebe Grüße Eva

Liebe Eva, da muss ich Dir ein dickes Kompliment machen – das Thema ganz aktiv von mir aus anzusprechen, habe ich tatsächlich noch nicht getan. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass es bei den Trauernden ein großes Bedürfnis geben kann, darüber zu sprechen. Und ich kann die Motivation, die hinter diesem Wunsch des Nachsterbenwollens steht, sehr gut nachvollziehen – letztlich sind das ja urromantische Motive. Die Vision, man wäre dann vielleicht irgendwie zusammen, in einem gleichen, wie auch immer gearteten Raum… Aber, zugegeben, das Thema macht natürlich auch mir als Begleiter Angst: Wenn ich im Gespräch das Gefühl hätte, da ist einer gerade sehr, sehr ernsthaft daran interessiert, sich aus lauter Trauer zu suizideren, dann wäre ich mit meinem Latein am Ende. Da hilft dann nur: Ab ins Auto und zusammen zum Arzt oder zur psychologischen Klinik fahren… – einliefern, Verantwortung abgeben. Hast Du das schon mal erlebt?

Lieber Thomas, zum Glück ist es mir noch nie passiert, dass einer meiner Klienten seinem geliebten Menschen in den Tod gefolgt ist. Mir macht aber die Tendenz dorthin wenig Angst, weil ich sie nach dem Tod meiner Mutter selbst erlebt habe. Geholfen hat mir damals, dass ich die klare Vorstellung hatte, dass meine Mutter mir sagen würde, dass meine Zeit noch nicht gekommen sei und sie jetzt noch nichts mit mir im „Jenseits“ anfangen könne. Wir können ja auch gar nicht sicher sein, dass wir wirklich bei unserem geliebten Menschen landen würden, wenn wir uns zu so einem drastischen Schritt entscheiden. Mit meinen Klienten, die teilweise sehr mit diesem Gedanken beschäftigt sind, vereinbare ich, dass sie nichts in dieser Hinsicht unternehmen dürfen, bevor sie nicht mit mir gesprochen haben. Natürlich bietet das keine wirkliche Sicherheit, aber ich bemerke, dass diese Vereinbarung für sie durchaus eine Hürde bzw. Sicherheit darstellt. Ich werde so zu einer Art Instanz. Auch wirkt es gut, dass sie spüren, dass es mir wichtig ist, dass sie diese schwierige Phase überleben und ich ihnen dabei helfe. In diesem Moment fühlen sie sich dann einfach nicht mehr ganz so alleine wie zuvor. Aber im Ernstfall ist es genau wie du schreibst, dann ab ins Auto und zu einer Klinik mit entsprechender Abteilung. Liebe Grüße Eva

Liebe Eva, ich freue mich sehr für Dich, dass Du damit so gute Erfahrungen gemacht hast. Das ist ja durchaus mutig, aber Du wirst da sicher das Gespür für haben, bei wem eine solche Verabredung gut aufgehoben ist und wie weit Du da gehen kannst. Ich kann Dir allerdings nur beipflichten: Es aussprechen zu dürfen, einfach  mal darüber sprechen zu können, das ist für viele schon die erste und oft auch wichtigste Intervention. Manchmal reicht das dann auch schon. Aber nicht für alle. Deswegen sollten wir auch unbedingt noch schreiben: Wer wirklich und ernsthaft an einen Suizid denkt und diese Gedanken nicht loswird, findet gute und sogar anonyme Hilfe im Internet oder am Telefon: Kostenlose Telefonseelsorge: 0800/1110111 – anonyme Mailberatung über Internetseite: www.telefonseelsorge.de. Übrigens betonen alle, die mit Suizidprävention beschäftigt sind, immer wieder: Die meisten Suizide geschehen aus eigentlich heilbaren, depressiven Prozessen heraus! Ich finde, diese Hilfsangebote sollten wir unbedingt nochmal erwähnen – Dir, liebe Eva, sende ich liebe Grüße, Thomas

Lieber Thomas, das sehe ich so wie du, möchte noch ein wenig mehr unterscheiden, denn Trauer ist keine psychische Erkrankung auch wenn es passieren kann, dass man nach dem Tod eines geliebten Menschen in eine Art reaktive Depression oder Anpassungsstörung geraten kann. Die unterscheidet sich aber deutlich von einer waschechten Depression, deren Ursache man meistens nicht nachvollziehen kann. Ein gutes Unterscheidungsmerkmal ist auch, dass eine reaktive Depression oder Anpassungsstörung nach einer gewissen Zeit wieder verschwindet und nicht unbedingt medikamentös behandelt werden muss. Der Begriff Anpassungsstörung ist da beinahe selbsterklärend. Es braucht einfach seine Zeit, bis man sich an die neue Situation angepasst hat. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich um eine Situation handelt, auf die man keinen Einfluss hatte. Man konnte den Tod nicht verhindern, bleibt ungefragt ohne den geliebten Menschen zurück und muss unter Umständen sein Leben in fast allen Punkten neu organisieren und umstrukturieren. Das braucht Zeit und Kraft. Die Motivation ohne den Verstorbenen weiter zu leben, muss sich leider oft hart erarbeitet werden. In meinem Buch „Ich konnte nichts für dich tun: Trauern und Weiterleben nach einem Verlust durch Suizid“ gehe ich genauer auf die Unterscheidung Depression, reaktive Depression und Anpassungsstörung ein. Liebe Grüße Eva

In Teil 2 unserer Serie: „Zwei Trauerbegleiter unterhalten sich“ wird es um den Begriff Trauerbegleitung gehen. Was ist das eigentlich? Wie funktioniert das? Und kann das überhaupt helfen? Wenn ja, dann wie?____________________________________________________________________________________________

„Zwei Trauerbegleiter unterhalten sich“: Hier tauschen sich die beiden Trauerbegleiter Thomas und Eva über die Themen ihrer Arbeit aus. Das soll zu einem besseren Verständnis beitragen, warum Trauerbegleitung wichtig ist und euch helfen, besser zu verstehen, was ihr gerade durch macht, wenn ihr einen geliebten Menschen verloren habt. Auch für Angehörige von Trauernden kann dieser Dialog hilfreich sein. Denn es ist manchmal nicht so leicht nachzuvollziehen, was in jemandem vor sich geht, wenn er trauert. So kommt es schnell zu Missverständnissen und gut gemeinten Ratschlägen, die oft das Gegenteil vom Beabsichtigten auslösen. Sehr, sehr gerne können Trauernde, Angehörige, Trauerbegleiter und alle, die mit dem Thema zu tun haben, mit ihren Kommentaren dazu beitragen, dass dieser Dialog lebendig und hilfreich sein kann!

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